Zimmerleute: 3D Geometrie

Dieses Projekt ist Teil des umfassenden DUAL-T Projekts, welches untersucht, wie moderne Technologien im Bereich der Berufsbildung eingesetzt werden können.

In diesem Projekt arbeiten wir mit Zimmererleute-Lehrlingen zusammen. Zimmerleute errichten grosse Konstruktionen wie Dachstühle oder sogar ganze Gebäude (siehe Abbildung 1). Eine der Hauptfähigkeiten, die Zimmerleute für ihre Arbeit brauchen, ist räumliches Vorstellungsvermögen. Dieses wird beispielsweise für das Umsetzen zweidimensionaler Pläne in die finale dreidimensionale Konstruktion benötigt.

TapaCarp

Vorangehende Forschung zeigt, dass räumliches Vorstellungsvermögen durch Training verbessert werden kann. Die meisten Übungen, die bisher entwickelt wurden, basieren auf Zeichenübungen oder Fragen mit Mehrfachantworten, die entweder am Computer oder auf dem Papier durchgeführt werden. Wir glauben, dass Tangible User Interfaces (TUI) durch ihre einfache Handhabbarkeit und die ihnen innewohnende Räumlichkeit sehr hilfreich sein können, um räumliche Fähigkeiten zu entwickeln.

TapaCarp ist ein TUI zum Training von räumlichem Vorstellungsvermögen. TapaCarp läuft über die Tinkerlamp – ein Kamera-Projektor System das auf einen Tisch projektieren kann (siehe Abb. 2). Die Benutzeroberfläche beinhaltet verschiedene Komponenten, die in verschiedene Aufgaben integriert werden können oder unabhängig davon sind. Diese Komponenten sind: Holzblöcke, Papierkarten, Zeichenwerkzeug und ein Aufgabenheft (siehe Abb. 3). Video 1 am Ende dieser Seite zeigt die Funktion jeder Komponente und wie die Benutzeroberfläche gehandhabt werden kann.

The Tinkerlamp
Die vier Komponenten der Benutzeroberflaäche von TapaCarp

Während der Benutzung von TapaCarp können Auszubildende Konzepte wie orthografische Projektionen, Querschnitte und verschiedene Schnittflächen kennenlernen. Üblicherweise wird das System paarweise benutzt. Es kann jedoch auch, abhängig vom pädagogischen Szenario und der gewählten Aktivität, individuell genutzt werden.

Bitte beachten Sie die Publikationsliste unten, wenn Sie mehr Details über die Aktivitäten und das pädagogische Szenario wünschen.

Erweiterung (Laufende Projekte)

Ergebnisse unserer Experimente zeigen, dass TapaCarp dabei helfen kann, räumliches Vorstellungsvermögen zu verbessern (siehe unten). Folglich streben wir danach, mit TapaCarp so viele Nutzer wie möglich zu erreichen, um ihnen bei der Entwicklung ihrer räumlichen Fähigkeiten zu helfen. Die weite Verbreitung und Anwendung ist ein Hauptthemen unserer Forschung mit Tangible User Interfaces.
Derzeit arbeiten wir daran, TapaCarp einer breiteren Nutzerschaft verfügbar zu machen. Unsere aktuelle Implementierung (genannt ‚eTapaCarp’) erfordert lediglich eine einfache Webkamera (anstatt der TinkerLamp) (siehe Video unten).

Wir führten eine Studie um die Lerneffekte und ‚Gaze Patterns’ (Muster in Augenbewegungen) der Benutzer von TapaCarp und eTapaCarp zu untersuchen, um die beiden Systeme auf ihre Vergleichbarkeit hin zu evaluieren. Gemäß unseren Ergebnissen gibt es keinen signifikanten Verlust hinsichtlich der Leistung oder Bearbeitungsgeschwindigkeit der Teilnehmer von eTapaCarp gegenüber TapaCarp. Dies ermuntert sowohl die weitere Entwicklung von Lernaktivitäten mit eTapaCarp als auch deren Orchestrierung in authentischen Lernumgebungen im Klassenzimmer.

Einige Ergebnisse des Experiments lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die Visualisierung der Seitenansicht von Objekten ist assoziiert mit einem höheren Schwierigkeitsgrad (gezeigt durch die Leistungsmessung und Eye-Tracking Daten).
  • Die Interaktion zwischen Benutzer und System ist flüssiger in eTapaCarp (gezeigt durch die Leistungsmessung und Eye-Tracking Daten).
  • Symmetrische Formen verbleiben für einen relativ längeren Zeitraum im Arbeitsgedächtnis. Dies kann damit erklärt werden dass sich Versuchspersonen weniger Details merken müssen um ein mentales Model davon zu konstruieren (gezeigt durch Eye-Tracking Daten).
  • Eine hoher Grad an Symmetrie der Objekte macht es schwieriger Referenzpunkte zu finden wenn man die 2D Darstellung mit der 3D Darstellungen in Verbindung setzt (gezeigt durch Eye-Tracking Daten).
  • Aufgrund der Trennung der Darstellungsfläche für 2D (vertikaler Bildschirm) und dem Bereich, in welchem der Block bewegt wird (Tischplatte), sind die Übergänge zwischen Blicken und dem Block prozentual niedriger wenn eTapaCarp benutzt wird.

Übersicht der Ergebnisse

Wir haben einige Studien mit Zimmerleute-Lehrlingen durchgeführt, um eTapaCarp zu evaluieren. Unser Fokus lag dabei sowohl auf der Benutzerfreundlichkeit als auch auf der Messung des Lernerfolgs. Das Hauptergebnis ist, dass eTapaCarp dabei helfen kann, räumliches Vorstellungsvermögen zu trainieren. Ausserdem können einige Designaspekte den Lernerfolg beeinflussen und müssen demnach berücksichtig werden. Die Befunde lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die Form des Blockes, der benutzt wird, um das virtuelle Objekt zu manipulieren, ist wichtig: wenn ein Block benutzt wird, der keine Ähnlichkeit zu dem zu manipulierenden Objekt aufweist, ist das Lernen weniger effektiv als wenn ein Block mit entsprechender Form benutzt wird (Nordi’CHI 2012,Details).
  • Aufgrund der Einfachheit mit der Objekte in einer TUI manipuliert werden können, kann es zu zuviel Manipulation kommen, was der Lernleistung abträglich ist. Es ist daher wichtig Aktivitäten vorsichtig zu planen, um Manipulation auf Kosten von Reflexion zu verhindern (British HCI 2012, Details).
  • Die Benutzeroberfläche von TapaCarp, die verschiedene Komponenten integriert, eignet sich für den Gebrauch im Klassenzimmer, weil sie beispielsweise erlaubt Rollen der Lernenden zu bestärken und sich zu verschiedenen Zeitpunkten mit verschiedenen Schülern flexibel einsetzten lässt. (CSCL 2013, Details)
  • TapaCarp kann für Aktivitäten im Klassenzimmer eingesetzt werden. Im Besonderen wurde TapaCarp dafür benutzt um die Hauptarbeitsschritte der Zimmerei zu simulieren (über das Planen des Designs bis hinzu der Erstellung des Endobjektes), wie in Video 2 gezeigt. Die Aktivität wurde in Paaren bearbeitet und beinhaltet auch eine Nachbesprechung in der Klasse.
  • Basierend auf diesem und zwei anderen Projekten haben wir die Hauptprinzipien für das Design von ‚Augmented Realities’ im Klassenzimmer erarbeiten (Computers and Education, Details).
  • Unsere Forschung legt nahe, dass ‚Eye-Tracker’ als Forschungswerkzeug genutzt werden können, um Abweichungen zwischen Teilnehmern zu erfassen die TUIs benutzen. Die Anwendung von Eye Tracking in der TUI Forschung stellt einen wichtigen Beitrag dar. Wir glauben, dass der Eye-Tracker als Forschungswerkzeug angewendet werden kann, um kognitive Effekte von Tangibles zu untersuchen (siehe Artikel 2014 hier).
  • Teilnehmer in der Bedingung mit ‚Tangibles’ zeigten ‚Gaze patterns’, die als Indikatoren für weniger mentalen Aufwand interpretiert werden können. Dies legt nahe dass der Gebrauch von TUIs kognitive Vorteile mit sich bringen kann – selbst wenn das greifbare Objekt und seine virtuelle Darstellung nicht dieselbe geometrische Information beinhalten (Studie 2014).
  • Eine Vergleichsstudie mit EyeTrackern zeigte keine signifikanten Unterschiede betreffend der Leistung und der Arbeitsgeschwindigkeit zwischen TapaCarp und eTapaCarp.
  • Befunde deuten auf das Vorhandensein von Unterschieden in den ‚Gaze Patterns’ der Benutzer in TapaCarp und eTapaCarp hin. Ebenso gibt es unterschiede verschiedener Ansichten und verschiedener Symmetrien der Objekte.

Für die vollständige Publikationsliste finden Sie hier.