Flugticketabgabe – ein Beispiel mehr der Nachsicht für große Klimasünder

Die Vorbereitungskommissionen für die Revision des CO2-Gesetzes in beiden Räten haben den Entwurf des Bundesrates um eine Flugticketabgabe ergänzt, die mindestens 30 und höchstens 120 Franken betragen soll. Der Bundesrat wird die Höhe der Abgabe unter Berücksichtigung der Kabinenklasse und der Entfernung, falls er dies wünscht, so festlegen, “dass die Erhebung der Abgabe und deren Überwälzung auf die Flugpassagierinnen und -passagiere eine Lenkungswirkung im Hinblick auf die Emissionsverminderungsziele nach Artikel 1 Absatz 1 entfaltet.” Die hier genannten Reduktionsziele sind sehr vage, d.h. sie sollen dazu beitragen, die globale Erwärmung zu begrenzen. Es gibt kein spezifisches Ziel für den Luftverkehr, was schon merkwürdig ist. Auch die vorgesehene Abgabenhöhe ist merkwürdig. Meines Wissens hat die Ständeratskommission, die diese Abgabe in den Gesetzesentwurf eingebracht und die Beträge in seiner Pressemitteilung vom 16. August 2019 bekanntgegeben hat, nie eine Erklärung dazu abgegeben. Da die Beratungen der Ausschüsse geheim sind, weiß ich nicht, wer diesen Tarif vorgeschlagen hat und auf welcher Grundlage.

Normalerweise wird eine Lenkungsabgabe so festgelegt, dass ein bestimmtes Ziel erreicht wird, so z.B. die CO2-Abgabe auf Brennstoffe. Doch es gibt kein Ziel für den Luftverkehr. Eine Umweltabgabe kann auch in Bezug auf externe Kosten festgelegt werden, wie z.B. die LSVA. Auf der Grundlage des Gesetzestextes wird der Bundesrat die Abgabe voraussichtlich auf 30 Franken für Kurzstreckenflüge in der Economy-Klasse und 120 Franken für Langstreckenflüge in der Business-Klasse festlegen. Auf einem durchschnittlichen Kurzstreckenflug wird soviel Kerosin verbrannt, dass dem Economy-Passagier 52 Kilo CO2 zugerechnet werden. Diese Menge CO2 muss mit mindestens zwei multipliziert werden, um den Erwärmungsbeitrag des Verbrennens von Kerosin in großen Höhen zu berücksichtigen. Die Flugticketabgabe würde also 30 CHF für Emissionen von durchschnittlich 104 Kilo CO2eq betragen, d.h. 290 CHF pro Tonne CO2. Zur Erinnerung: Die CO2-Abgabe auf Brennstoffe beträgt seit 2018 96 CHF pro Tonne CO2. Am anderen Extrem: einem durchschnittlichen Langstreckenflug in der Business-Klasse werden 3,5 Tonnen CO2 angerechnet, wobei der Faktor 2 für die Verbrennung in großer Höhe berücksichtigt wird, nicht aber die Tatsache, dass es in der Regel auch einen Rückflug gibt. 120 Franken für 3,5 Tonnen, das sind 35 Franken pro Tonne CO2.

Während die Abgabe von 30 CHF für einen Flug in der Economy-Klasse in Europa im Durchschnitt eine dreimal so hohe CO2-Abgabe darstellen würde wie die derzeit auf Brennstoff erhobene, würde die Abgabe von 120 CHF für einen Langstreckenflug in der Business-Klasse eine fast dreimal tiefere Abgabe darstellen. Generell ist eine Spanne von 30 bis 120 Franken nicht mit einem Anstieg der Emissionen von 0,1 auf 3,5 Tonnen CO2eq zwischen einem Kurzstreckenflug in der Economy- und einem Langstreckenflug in der Business-Klasse vereinbar. Bei einer Mindestabgabe von 30 CHF sollte die höchste Abgabe 1’000 CHF betragen!

Wenn man berücksichtigt, dass fast 80% der CO2-Emissionen durch Langstreckenflüge verursacht werden, erahnt man, wie ineffizient die Vorzugsbehandlung von Langstreckenflügen ist, wenn es darum geht, die Emissionen des Luftverkehrs zu reduzieren.

Es ist verlockend, einen systematischen Ansatz für diese Vorzugsbehandlung der umweltschädlichsten Flüge zu sehen, die meist von eher wohlhabenden Reisenden durchgeführt werden. Tatsächlich ist die CO2-Abgabe auf Brennstoffe eine volle Abgabe für Haushalte, die Heizöl zum Heizen verwenden, während Unternehmen eine Rückerstattung erhalten können, sobald sie Maßnahmen zur Reduzierung ihrer Emissionen ergreifen, die sich innerhalb von vier Jahren zahlen. Die größten Verschmutzer sind sogar vollständig von der CO2-Abgabe befreit und unterliegen statt dessen einem System von Emissionszertifikaten, die ihnen im Wesentlichen kostenlos abgegeben werden, mit der Möglichkeit, überschüssige Zertifikate zu einem Preis von fast 25 Euro pro Tonne CO2 zu verkaufen oder die fehlenden zu diesem Preis zu kaufen. Schließlich kann daran erinnert werden, dass bei den CO2-Emissionsanforderungen für Personenkraftwagen die Obergrenze für Luxus- und große Sportwagen viel höher angesetzt wurde als für bescheidene Autos, siehe mein Blogeintrag vom 22. November 2019.

Kurz gesagt, mit dem CO2-Gesetz ist es besser, ein großer reicher als ein kleiner armer Klimasünder zu sein.